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Erwin A. Schmidl (Hrsg.), Österreich im frühen Kalten Krieg 1945-1958. Spione, Partisanen, Kriegspläne. Böhlau: Wien 2000.

Von Gerald Steinacher

Österreich war nach 1945 keine Insel der "Seligen" und "dümpelte" nicht im Brackwasser der Weltgeschichte dahin. Im Gegenteil: Das Land war von den Ereignissen des Kalten Krieges besonders betroffen. Mit bisher ungewohnter Deutlichkeit zeichnet der Band "Österreich im frühen Kalten Krieg 1945-1958" das Bild der II. Republik als das einer Drehscheibe internationaler Nachrichtendienste. James Carafano und Siegfried Beer beleuchten die Tätigkeit der US-Geheimdienste in Österreich im frühen Kalten Krieg. Darin spiegelt sich nicht nur der Wechsel im Feindbild wieder, das ab 1946/48 Sowjetunion heißt, sondern48 Sowjetunion heißt, sondern auch die Bedeutung Österreichs als Vorposten. Österreich und besonders Wien wurden zeitweise die wichtigsten Außenstellen der US-Dienste. Wertvolle Informationen ("Intelligence") wurden zum Exportgut. Die Aktivitäten von "Partisanen" in Österreich nach 1945 gehören zu den am wenigsten bekannten Kapiteln österreichischer Zeitgeschichte. Rudolf Jerábek weist auf einige dieser Aktivitäten meist ausländischer Gruppen mit Schwerpunkt Balkan und Ukraine hin und fügt dieses Bild gekonnt in den Rahmen des Kalten Krieges. Daß auch Österreicher zum Partisanenkrieg bereit waren, beweisen die zahlreichen Waffenlager im Rahmen der als Gladio bekannt gewordenen stay-behind Organisationen der Amerikaner. Ein roter Faden, der sich durch die Gewerkschaften bis zur Gründung der B-Gendarmerie zieht. Die Franzosen setzten auf einen natürlichen Sperriegel: Die Alpen. Arnold Kopeczek zeigt erstmals auf, wie die französische Kontrollmacht in Tirol und Vorarlberg vorarbeitete. An den wichtigsten Verkehrsverbindungen wurden Sprenganlagen errichtet, um so den Durchbruch möglicher Aggressoren aus dem Osten für einige Zeit zu verzögern. Programmatisch prägnant zieht Günter Bischof ein historiographisches Fazit zum Kalten Krieg und unterstreicht den positiven Ertrag. Gerade in den letzten Jahren haben sich jüngere HistorikerInnen dieses Bereichs angenommen. Die Ergebnisse zeigen, daß Österreich auch auf dem Gebiet der Forschung nicht dahinsiecht, sondern in die großen Diskussionsströme eingebunden ist. Was allerdings merklich fehlt, ist eine historiographische oder programmatische Einführung in den Bereich "Geheimdienststudien". Daran können einige einführende Bemerkungen von Beer auch nichts ändern. Der Buchtitel ist daher irreführend und sollte besser "Österreich und die Geheimdienste im frühen Kalten Krieg" lauten. Der Band bildet aber insgesamt einen wichtigen Baustein auf dem Weg zu einer historisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema "Geheimdienste" und ist nicht nur wegen der Thematik spannend und gut zu lesen.


Böhlau Verlag 

Gerald Steinacher ist Mitarbeiter des Südtiroler Landesarchivs in Bozen.

Buchveröffentlichung:
Gerald Steinacher, Südtirol und die Geheimdienste 1943-1945 (Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 15). Innsbruck 2000.


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